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TSV Vaterstetten e.V. - Leichtathletik

Leichtathletik für Wettkämpfer, Leistungssportler und Freitzeitathleten

31.08.2017

Goldregen trotz einer bitteren Niederlage

von Guido Müller

Rückblick auf die 20. Europameisterschaft der Senioren in Aarhus (Dänemark)

Guido Müller erzählt, wie er die Senioren-EM im dänischen Aarhus erlebt hat – in diesem Jahr leider mit Höhen und Tiefen.

Reich dekoriert: Guido Müller kam von der Senioren-EM in Aarhus mit vier Gold- und zwei Silbermedaillen zurück. (Foto: Laszlo Ertl)

Vom 27. Juli bis zum 6. August 2017 fand in Aarhus,  der im Osten Jütlands gelegenen,  etwas über 330.000 Einwohner zählenden zweitgrößten Stadt Dänemarks, die 20. Europameisterschaft der Senioren im Stadion statt. Der Anlass, die Wettkämpfe gerade in diesem Jahr in Aarhus durchzuführen, war die Wahl zur Kulturhauptstadt Europas 2017. 3.840 Teilnehmer aus 40 Ländern hatten gemeldet, wobei Deutschland mit 810 Teilnehmern  das größte Kontingent stellte und auch diesmal wieder  die meisten Medaillen gewinnen konnte.

Bereits 2004 war Aarhus Ausrichter dieser Meisterschaft gewesen und konnte an die Erfahrungen von damals anknüpfen. Doch leider mussten die Teilnehmer diesmal diverse Organisationsmängel in Kauf nehmen, was sich teilweise leistungsmindernd auf die Ergebnisse auswirkte. Zudem war das Wetter meistens eher kühl und es gab leider keinen Tag ohne Regen.

Ich freute mich im Vorfeld sehr auf die Wettkämpfe in Aarhus, da ich bei der Senioren-EM 2004 optimal abgeschnitten hatte.  Damals gewann ich meine fünf Einzelwettbewerbe und dazu noch die beiden Staffeln mit dem deutschen Team. Da ich damals im ersten Jahr der Altersklasse M65 war, war es mir seinerzeit gelungen, zusätzlich zum Gewinn von sieben Goldmedaillen auch noch drei Weltrekorde aufzustellen. Da ich 2017 aber bereits im vierten Jahr meiner Altersklasse bin und im vergangenen Winter sowie im Frühjahr krankheits- und verletzungsbedingt nur mit mittelmäßigen Ergebnissen aufwarten konnte, waren meine Hoffnungen auf Siege eher gedämpft.

Zwei Tage vor meinem ersten Wettkampf fuhren meine Frau und ich mit der Bahn nach Aarhus und wohnten im schönen und direkt an der Aarhus Bucht gelegenen Hotel Marselis, das ich noch von 2004 kannte. Das Hotel lag nur ca. zwei Kilometer vom Stadion entfernt, in dem meine Wettkämpfe stattfanden. Manchmal gingen wir zu Fuß zum Stadion durch einen gepflegten Park, an dem auch das Sommerschloss von Königin Margarete lag. Meist nahmen uns aber Sportkameraden mit ins Stadion und zurück zum Hotel, was wir als sehr angenehm empfanden.

Die Wettkämpfe begannen für mich am Nachmittag des zweiten Wettkampftages mit dem Vorlauf über 100 Meter. Da von den 18 gemeldeten Teilnehmern nur 14 antraten, waren nur zwei Vorläufe erforderlich. Ich selbst war im ersten eingeteilt und konnte diesen in 14,85 Sekunden vor einem Iren gewinnen. Den anderen Vorlauf entschied der Deutsche Hallen- und Stadionmeister Manfred Arnd in 14,64 Sekunden für sich, bei 3,3 m/s Gegenwind.  Mit 14,94 Sekunden wurde mein Dauerkonkurrent Hermann Beckering Zweiter. Am folgenden Nachmittag war das 100-Meter-Finale. Eindeutiger Favorit war für mich Arnd, der vier Jahre jünger ist als ich. Dieser gewann dann auch deutlich mit 14,29 Sekunden bei 0,9 m/s Gegenwind, während ich mich als Zweiter auf 14,52 Sekunden steigern konnte. Beckering belegte mit 14,73 Sekunden Platz drei.

Am Sonntagvormittag wurde das Finale über 300 Meter Hürden mit nur vier Teilnehmern ausgetragen, bei dem ich als Favorit galt. Dieser Rolle wurde ich auch gerecht und siegte in 53,99 Sekunden vor dem Deutschen Knorr, der 58,46 Sekunden benötigte.

Nach den beiden Vorläufen über 400 Meter am nächsten Tag fand nach einem üblichen Ruhetag am darauffolgenden Tag das mit Spannung erwartete 400-Meter-Finale statt. Beckering als Sieger der WM des letzten Jahres in Perth (Australien) hatte die günstige Bahn vier und ich musste auf Bahn sieben antreten. Eine leichte Massage vor dem Einlaufen gab mir die notwendige Lockerheit. „Ordentliches Wetter, kein Regen, aber Wind“, schrieb ich in mein Tagebuch. Ich teilte mir den Lauf taktisch gut ein und konnte bis ca. 300 Meter einen Vorsprung herauslaufen  Diesen Vorsprung habe ich bis zum Ziel noch etwas ausgebaut und gewann in der guten Zeit von 1:08,57 Min. vor Hermann, der nach 1:10,24 Min. ins Ziel kam. Ich war hochzufrieden über den errungenen Sieg.

An den beiden folgenden Tagen standen als meine letzte Einzeldisziplin die 200 Meter auf dem Programm, da ich auf meine Teilnahme am 80-Meter-Hürdenlauf wegen mangelnden Trainings verzichtet hatte. Die beiden Vorläufe verliefen ohne Überraschungen. Ich gewann den ersten in 31,48 Sekunden und Beckering den zweiten in 30,26 Sekunden. Hartmut Krämer, der deutsche Meister auf dieser Strecke, lief in diesem Vorlauf wegen einer noch nicht ganz ausgeheilten Verletzung  locker auf Platz drei und qualifizierte sich damit auch für das Finale. Wie über 100 und 400 Metern konnte ich im 200-Meter-Finale Beckering wieder hinter mir lassen, der 30,03 Sekunden erreichte. Gewonnen hat das Finale aber mit einer Hundertstelsekunde Vorsprung Krämer, der sich mit großer Vorlage ins Ziel warf und danach stürzte, während ich am Zielstrich als Reflexbewegung im Gefühl des sicheren Sieges in ganz aufrechter Haltung beide Arme hochriss und damit nur Zweiter wurde. Dies empfand ich als bittere Niederlage.

An den beiden Schlusstagen fanden die Staffeln über 4x100 und 4x400 Meter statt. Das deutsche Team, bei dem ich mitwirkte, trat als einzige Mannschaft in der Altersklasse M75 an und  erhielt nach vollendeten Läufen die Goldmedaillen verliehen. Hier möchte ich noch bemerken, dass wir über 4x400 Meter den Weltrekord nur um zwei Sekunden verfehlten.

Mit den beiden Staffelläufen beendete  ich meine Wettkampfsaison und freue mich, dass ich im nächsten Jahr auf nationaler Ebene in der Altersklasse M80 starten kann. Nach den Wettkämpfen blieben meine Frau und ich noch zwei entspannende Tage als Touristen in der schönen Stadt Aarhus, bevor wir wieder nach Hause zurückkehrten.

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass auch meine beiden Vereinskameraden Gerhard Zorn und Frank Böhnke in der Altersklasse M60 am Start waren. Gerhard reiste bereits verletzt an, doch er konnte am Schlusstag doch noch in der 4x400-Meter-Staffel als Schlussmann für das deutsche Team teilnehmen. Hier lief er ein bravouröses Rennen und konnte den Rückstand zum britischen Team bis auf 2,28 Sekunden verkürzen und somit die Silbermedaille gewinnen. Lobenswert ist auch der zwölfte Platz, den Frank im Zehnkampf bei 20 Teilnehmern erreichte. Dabei hat er den Zehnkampf in allen Disziplinen durchgebracht, er hat also in allen zehn Disziplinen Punkte bekommen.

(Textbearbeitung: Christian Töpfer)
--> zu den kompletten Ergebnissen


Muss man nicht verstehen: Die Kampfrichter haben im Finale über 200 Meter nicht Guido Müller vorn gesehen, sondern Hartmut Krämer. Das große Rätsel: Warum?