11.04.2023
Gerhard Zorn ist Doppel-Weltmeister
Zwei Läufer vom TSV Vaterstetten bei der Hallen-WM der Senioren
Mit zwei Gold- und einer Silbermedaille im Gepäck kam Gerhard Zorn von der Hallen-WM der Senioren in Torun/Polen zurück. Lesen Sie hier seinen persönlichen Bericht der Wettkampftage sowie die Eindrücke von Helmut Dusch, dem zweiten WM-Teilnehmer vom TSV Vaterstetten.
Vom 26. März bis zum 1. April ging im polnischen Torun die 9. Hallen-WM der Leichtathletik-Master über die Bühne – der Begriff „Senioren“ wird so langsam auch in Deutschland durch den Begriff „Master“ ersetzt. Gemeldet waren mehr als 4.000 Athleten aus 88 Ländern. Mit Gerhard Zorn und Helmut Dusch waren in der Altersklasse M65 auch zwei Läufer vom TSV Vaterstetten am Start. Hier ihre Eindrücke nach der Rückkehr:
Gerhard Zorn:
„Das letzte Mal war ich 2019 in Torun, ebenfalls zu einer Hallen-WM, damals noch in der Altersklasse M60, diesmal in der M65. Durch die Pandemie und verschiedene Verletzungen konnte ich seitdem an internationalen Meisterschaften nicht mehr teilnehmen. Die Tage vor der Meisterschaft verbrachte ich in Danzig, mein erster Besuch in dieser eindrucksvollen Stadt. Die Tage waren mit Besichtigungen der wieder aufgebauten Altstadt und mehrerer Museen gefüllt. Mit dem Zug ging es einen Tag vor dem 400-m-Vorlauf nach Torun.
400-m-Lauf
In meinem Vorlauf kam ich nicht gut zurecht. Meine Zeit lag bei mehr als 63 Sekunden, aber ich fühlte mich danach müde wie nach einem viel schnelleren Lauf. Vielleicht waren die vielen Besichtigungskilometer in Danzig schuld. Zum Glück für mich fiel ein relativ schnell gemeldeter Amerikaner nach 100 Metern aus, so dass ich meinen Lauf trotzdem mit Abstand gewinnen und mich direkt für das Finale qualifizieren konnte.
Der Folgetag war für mich ein Ruhetag, den ich zur Entspannung nutzte, obwohl die Altstadt von Torun (eine alte Deutschorden-Stadt) wirklich viel zu bieten hat.
Wieder einen Tag später war das Finale angesetzt. Ich war frisch und schmerzfrei und spürte schon beim Aufwärmen, dass ich unbehindert laufen können würde. Rob Mayston aus Australien war mein stärkster Konkurrent. Er war im Vorlauf 59,27 Sek. gelaufen, für einen Vorlauf eine eindrucksvolle Leistung. Mir war klar, dass ich alles auf eine Karte setzen musste und beim Einbiegen aus den zugeteilten Bahnen vor Mayston auf die zweite 200-m-Runde gehen musste, in der alle innen auf Bahn 1 laufen dürfen. Das gelang glücklicherweise knapp, wobei ich mir bei der 200-m-Durchgangszeit von 26,92 Sek. schon Gedanken gemacht habe, ob ich nicht am Ende einbrechen würde. Aber nachdem Mayston nur wenig hinter mir war, war er ebenso ge- oder überfordert wie ich. Ich konnte dann meinen Vorsprung auf der letzten Runde sogar noch ein wenig vergrößern und meinen Lauf als Sieger in 57,99 Sek. abschließen. Mayston kam mit 58,79 Sek. ins Ziel, Dritter wurde James Tennyson aus Großbritannien mit 60,29 Sek.
200-m-Lauf
Danach hatte ich wieder einen Tag wettkampffrei, am darauffolgenden Tag konnte ich meinen 200-m-Vorlauf in „gemütlichen“ 27,08 Sek. als Sieger absolvieren.
Am nächsten Tag waren Halbfinale und Finale angesetzt. Schon beim Semifinale kurz nach 12 Uhr ging es zur Sache, weil man sich über die Platzierung in den Läufen die Laufbahn für das Finale „erkämpft“. Denn wenn man das Laufen auf den äußeren Bahnen in der Halle mit dem Wechsel zwischen bergauf und bergab beherrscht, dann sind die außenliegenden Bahnen im Vorteil, auch weil die Kurven außen nicht so eng sind. Da sich nur der jeweilige Gewinner eines Semifinales direkt fürs Finale qualifiziert, wollte ich mich nicht auf die indirekte Qualifikation über die Zeit verlassen. Ich gab also in meinem Semifinallauf alles und gewann in 25,87 Sek. knapp vor dem Amerikaner Thomas Jones. Eine Zeit, die ich in der Halle schon seit Jahren nicht mehr gelaufen bin.
Das Finale fand am gleichen Abend statt – und ich spürte durchaus noch die Belastung vom Lauf ein paar Stunden vorher. Aber das würde auch für alle anderen gelten. Da war mein Gegner aus dem Semifinale, Thomas Jones, da war mein Gegner aus dem 400-m-Finale, der Australier Robert Mayston, da war der neue Weltmeister über 60 m, der Amerikaner Val Barnwell, und da war der 400-m-Weltmeister aus der letztjährigen Freiluftsaison, der Spanier Juan Rodriguez – alles formidable Gegner, alle hatten wir das Semifinale mit etwa 26 Sekunden abgeschlossen.
Als Schnellster im Halbfinale bekam ich Bahn 6 ganz außen zugeteilt, d.h. ich würde erst gegen Ende des Laufes in der Zielkurve sehen, wo ich lag. Als es soweit war, sah es erstmal nicht so gut aus, denn ausgangs der Zielkurve lag ich auf Platz drei, die beiden Amerikaner vor mir, der Australier etwas hinter mir. Auf Bahn 6 hatte ich zwar den weitesten Weg bergauf, aber auch den längsten Weg bergab und das konnte ich zu meinem Vorteil nutzen: Insbesondere Jones konnte ich kurz vor dem Ziel noch überholen und um 0,08 Sek. hinter mir lassen. Barnwell kam zwar als Dritter ins Ziel, wurde aber nachträglich disqualifiziert, weil er in der Zielkurve über die innere Bahnbegrenzung getreten war. So wurde der Mayston Dritter. Meine Zeit war 26,00 Sek., die von Jones 26,08 Sek., die von Mayston 26,26 Sek.
4x200-m-Staffel
Zum Abschluss der Wettkampftage standen noch die 4x200m-Staffeln in den verschiedenen Altersklassen auf dem Plan. Da hatten wir wirklich Pech, denn unser zweitschnellster Mann in der M65 verletzte sich im 200-m-Semifinale und fiel deswegen aus. Im Rennen selbst hatte unser Mann auf Position 2 das Pech, sich während des Laufs eine Zerrung zu holen und nur unter Schmerzen und „unrund“ laufend den Stab übergeben zu können. Aus diesem Grund bekam ich als Schlussläufer den Stab an Position 3 liegend, hinter den USA und Polen. Den amerikanischen Läufer konnten der Pole und ich überholen, den polnischen Läufer konnte ich aber nicht mehr abfangen – wahrscheinlich hatten die Läufe über die Woche doch ihren Tribut gefordert. Am Schluss fehlten uns 0,1 Sek. zur Goldmedaille.
Eine sehr erfolgreiche Meisterschaft für mich, die Lust auf mehr macht. Im September findet in Pescara/Italien die Senioren-EM statt. Vielleicht klappt es, dort auch wieder ansprechende Leistungen zu bringen.“
Helmut Dusch:
„Geplant hatte ich bei der Senioren-WM in Torun drei Starts über 60, 200 und 400 m. Aufgrund einer Verletzung im Januar und entsprechendem Trainingsrückstand musste ich die Teilnahme über 60 und 400 m dann aber absagen.
Bei meiner Anreise am 29. März war ich 14 Stunden unterwegs. Der gebuchte Shuttle-Service über den Veranstalter vom Flughafen Warschau nach Torun war eine absolute Frechheit. Am Donnerstag dann mein Start über 200 m. Die Arena in Torun ist ein wirklich schönes Stadion. Und wenn dein Rennen aufgerufen wird und du an den Start gehst, dein Name an der Anzeigetafel erscheint und die Vorstellung der Läufer über Lautsprecher geschieht, dann ist das Gänsehaut pur. Die Anreisestrapazen waren vergessen.
Mit 33,11 Sek. war ich schneller als bei der Senioren-WM in Tampere/Finnland im vergangenen Jahre, obwohl es ein Sicherheitslauf für mich war. Meine Verletzung war immer noch in meinem Kopf, ich wollte ankommen und verletzungsfrei bleiben. Am Ende war es Rang 30 von 56 gemeldeten Teilnehmern, mit Zeit und Platz bin ich aufgrund der Umstände zufrieden. Am Freitag erfolgte dann die Rückreise mit dem Zug von Torun nach Warschau, dann der Flug nach München.
Nach dem Wettkampf ist vor dem Wettkampf, auf zur EM nach Pescara/Italien im September! Vorher noch zur Bayerischen Meisterschaft im Juli nach Bamberg – und mehrmals wöchentlich ins Training mit den Senioren vom TSVV. Ich freue mich darauf! Und Gerhard möchte ich zu einer wirklich großartigen WM gratulieren.“
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--> 400-m-Vorlauf von Gerhard
--> 400-m-Finale von Gerhard
--> 200-m-Vorlauf von Gerhard
--> 200-m-Vorlauf von Helmut
--> 200-m-Semifinale von Gerhard
--> 200-m-Finale von Gerhard
--> 4x200-m-Staffel mit Gerhard