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TSV Vaterstetten e.V. - Leichtathletik

Leichtathletik für Wettkämpfer, Leistungssportler und Freitzeitathleten

20.07.2019

Zum Karriereende von Guido Müller (Teil 1)

von Christian Töpfer

Erinnerungen von Vereinskollege Gerhard Zorn

Bei der Deutschen Senioren-Meisterschaft in Leinefelde-Worbis vom 12. bis 14. Juli hat Guido Müller vom TSV Vaterstetten seine langjährige und erfolgreiche Karriere beendet. Viele Wegbegleiter haben uns zu diesem Anlass ein paar Erinnerungen und Grußworte geschickt.

Als 70-Jähriger so schnell wie 50-Jährige: Guido Müller (r.) im Jahr 2009 in Düsseldorf, als er gemeinsam mit Gerhard Zorn (l.) mit der StG Südostbayern Deutscher Meister über 4x200 m wurde. (Foto: Dieter Krumm)

Einen Aufruf, uns bitte ein paar Aussagen zum Karriereende von Guido Müller zu schicken, sind viele Leichtathleten gefolgt. Wir haben sie gesammelt und bringen sie an dieser Stelle nahezu unverändert. Den Anfang macht sein Vereinskollege Gerhard Zorn, der mit Guido seit vielen Jahren befreundet ist und ihn auf zahlreichen Wettkämpfen im In- und Ausland begleitet hat:

„Guido hat mich von Anfang an und immer wieder inspiriert. Das begann bei meinem ersten Wettbewerb, einer Bayerischen Meisterschaft 2004, als Guido in der M65 einen Weltrekord über 400 m lief, den ich erst halbwegs einschätzen konnte, als ich kurz darauf selbst einmal die 400 m lief und mit meinen damals 48 Jahren fünf Sekunden langsamer war. Vielleicht würde ich heute ohne Guido keine 400-m-Wettkämpfe machen, denn von alleine tut man sich diese Strecke nicht gerne an.

Unvergesslich ist mir auch, wie Guido 2009 als 70-Jähriger in der 4x200-m-Staffel unserer Startgemeinschaft mit Passau und Straubing mitlief und wir damals gemeinsam deutscher Meister in der M50 wurden. Er lief damals, mit 70 Jahren, noch unter 13 Sekunden auf 100 m.

Wir sind in all den Jahren immer wieder gemeinsam bei nationalen und internationalen Meisterschaften aufgetreten, Guido oft als Sieger –manchmal in sieben Disziplinen (100 m, 200 m, 400 m, kurze Hürdenstrecke, lange Hürdenstrecke, 4x100 m, 4x400 m).

Die Rolle seiner Ehefrau

An dieser Stelle muss man Guidos Frau Helga erwähnen, die einen ganz großen Teil zu Guidos Erfolgen beigetragen hat. Guido kann ja eigentlich – salopp formuliert – nur laufen. Dass er zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle am Start stand, ganz egal ob in Australien, Südkorea, USA oder in der Türkei, Italien, Spanien, Dänemark oder Polen, das ging ganz wesentlich auf Helga zurück. Sie organisierte Transport und Hotel, kannte Bus- und Metropläne am Wettkampfort und sorgte dafür, dass Guido nicht nur zu den Wettkämpfen, sondern auch zu den Siegerehrungen rechtzeitig antrat. Zudem bestand sie unnachgiebig auf einem nicht-sportlichen Rahmenprogramm, soweit dies in der Umgebung des Wettkampforts organisiert werden konnte. Ich hatte oft das Glück, in diese Aktivitäten eingeschlossen zu werden. Allerdings musste man sich vorher genau absprechen, denn das Handy wurde nur eingeschaltet, wenn man das vorher vereinbart hatte.

Weinflaschen als besonderer Antrieb

Guido ist ein sehr kritischer Sportler, wobei er sein manchmal harsches Urteil ohne Ansehen der Person immer an den sportlichen Leistungen orientiert. Oft stand ich daneben, wenn ihm jemand stolz von einem Medaillengewinn berichtete. Wenn Guido dann nach der Zeit fragte, kommentierte er ohne Scheu: „Ah, das ist aber keine gute Zeit“.  Ich hatte das Glück, mit meinen Leistungen ein klein wenig über seiner Kritikgrenze zu liegen, so dass Guido es für Wert befand, mich über ein besonderes Angebot zu höheren Leistungen zu treiben. Viele Jahre teilte Guido mir seine jeweilige Jahresbestleistung über 100, 200 und 400 m früherer Jahre mit. Verbunden damit war das Versprechen, mir eine gute Flasche Rotwein zu spendieren, wenn ich eine seiner Zeiten unterbieten würde, die er damals in gleichem Alter wie ich gelaufen war. Im Laufe der Jahre konnte ich es das eine oder andere Mal schaffen. Das Gute für mich war: Ich musste keine Gegenleistung erbringen, wenn ich seine Zeiten von früher nicht schaffte

Guido hat eine besondere Beziehung zu Zahlen, was sicher auch ein Faktor für seine erfolgreiche Berufstätigkeit war. Seine eigenen Ergebnisse und Platzierungen hatte er über Jahre hinweg im Kopf, oft auch die seiner Konkurrenten – und selbst meine Ergebnisse konnte er oft besser aufzählen als ich selbst. Falls mich jemand nach der Zahl meiner Deutschen Meistertitel fragen würde, hätte ich gerne Guido neben mir stehen, denn der wüsste es vielleicht. Unverzeihlich war es für ihn, wenn bei Ehrungen oder in Zeitungsartikeln etwas verwechselt wurde oder ein Ergebnis falsch genannt wurde.

Unterwegs zu den Wettkämpfen

Nun ist diese gemeinsame Zeit zu Ende gegangen. Am 12. Juli ging es das letzte Mal per Auto mit Guido, diesmal ohne Helga, zur Deutschen Meisterschaft nach Leinefelde-Worbis in Thüringen. Das Navi in meinem Auto wollte uns wohl noch besonders viel gemeinsame Zeit spendieren, denn die Routenführung war mehr als fragwürdig – wir brauchten am Ende fast sieben Stunden bis zum Wettkampfort.

Wie immer hatte sich Guido für die Fahrt mit nicht mehr ganz aktuellen Artikeln aus der SZ versorgt und freute sich ungemein darüber, dass er so viel vom mitgebrachten Material abarbeiten konnte. Ich erinnere mich gerne an unsere gemeinsamen Fahrten, wenn Guido Helga oder mich auf einen interessanten Artikel aufmerksam machte und Helga und ich dann darüber diskutierten, ob der Artikel schone eine oder zwei Wochen alt war. Der darauf folgenden Aufforderung Helgas, während der Fahrt nicht nur zu lesen, sondern auch mal aus dem Fenster zu schauen, widersetzte er sich über all die Jahre beständig.

Guido ist mit seinem Abschied der Absprung zum richtigen Zeitpunkt gelungen. Ich bin sicher, dass er dem Sport verbunden bleiben wird, aber es gibt für ihn mittlerweile Wichtigeres. Auch das kann für uns jüngere Sportler eine Inspiration sein.“

--> zu Teil 2
--> zu Teil 3

Hinweis: Guido Müller hab auch einen eigenen Rückblick auf seine Karriere in der Seniorenleichtathletik verfasst. Er ist hier zu finden.